Rasselisten gehören zu den Auslaufmodellen der modernen Hundegesetzgebung, das hat einen guten Grund, die „Gefährlichkeit“ eines Hundes hängt nicht von der Rasse ab.

Man weiß heute, dass Faktoren wie die Herkunft eines Hundes und der Hundehalter, sprich der Führungsstil unter dem ein Hund durchs Leben geht, viel mehr Einfluss auf die „potentielle Gefährlichkeit“ eines Hundes nehmen, als es die Gene je könnten.

Zucht ist Selektion, auch Hunde werden auf bestimmte Aufgaben selektioniert. Man kann Körperbau, Haarkleid, selbst die Farbe genetisch manipulieren und man kann Anlagen (Jagdverhalten, Hüteverhalten) manifestieren. Niemand aber züchtet einen Hund auf „Gefährlichkeit“, wird ein Hund auffällig, dann ist etwas schief gegangen, in der Hundezucht.

Eine nicht ganz taufrische Studie aus dem Jahr 2013 nimmt auf diese Frage Bezug. Mary Burch hat für den AKC auf der Basis der Studie von Stephen Zawistowski (Canisius College/Buffalo/USA) eine interessante Untersuchung gemacht, die in Großbritannien weitergeführt wurde. Die These: die Gefährlichkeit eines Hundes hängt nicht von der Rasse sondern von ganz anderen Faktoren ab. Rachel Casey, von der Veterinärwissenschaftlichen Fakultät der Universität in Bristol hat dazu 15.000 Fragebogen ausgeschickt, 4.000 davon kamen zurück. Es ging um das aggressive Verhalten von Hunden gegen Menschen.

DIE ERGEBNISSE DER STUDIE

Die Auswertung der Fragebögen ergab, dass Hunde gegen fremde Menschen viel häufiger mit Aggression reagierten als gegen Familienmitglieder. Etwa 7% sagten, dass ihr Hund „Besucher“ verbellt, angeknurrt oder geschnappt hätte. 5% beschrieben dieses Verhalten im Zusammenhang mit „Fremden“ im Zuge eines Spaziergangs, nur 3% antworteten, dass der Hund gegenüber Familienmitgliedern aggressiv wurde. Die Mehrheit der, als aggressiv beschriebenen, Hunde war nur in einer der drei oben genannten Situationen auffällig. Zum Beispiel, ein Hund der Anstalten machte einen Fremden auf der Straße zu schnappen, tat dies in den eigenen vier Wänden nicht.

WEITERE WENIG ÜBERRASCHENDE ERGEBNISSE

Hunde die von Personen jünger als 25 Jahre gehalten wurden, waren doppelt so oft auffällig als Vierbeiner die einen Besitzer 40+ hatten. Kastrierte Rüden waren doppelt so oft auffällig als kastrierte Hündinnen. Hunde die einen Welpenkurs besucht hatten, waren seltener aggressive gegen Fremde. Hunde die mit Starkzwang erzogen wurden, waren doppelt so häufig aggressiv gegen Fremde und dreimal so häufig aggressiv gegen Familienmitglieder. Hunde die aus dem Tierschutz oder von Vermehrern kamen waren viel anfälliger für aggressives Verhalten als Hunde aus guter Zucht.

Mary Burch vom AKC sagt dazu: „Die Herkunft eines Hundes war ein wichtiger Faktor in Zusammenhang mit aggressiven Verhalten gegen Familienmitglieder. Es gab bei Hunden aus dem Tierschutz ein 2,6x so großes Risiko gebissen zu werden, bei Hunden, die über Internetplattformen verkauft wurden oder aus Zoohandlungen stammten war das Risiko immer noch 1,8x höher als bei Hunden die direkt vom Züchter übernommen wurden“.

DIE „WARE“ HUND

Hunde kommen heute selten vom Züchter, sehr oft sind Vermehrer oder Tierschutz die Quelle aus der ein Vierbeiner stammt. Gleichzeitig steigt die Hundepopulation, der urbane Raum ist dichter besiedelt und damit sind die Anforderungen an den einzelnen Hund und natürlich auch an seinen Halter höher. Diese Entwicklung ist nicht brandneu, seit mehr als 10 Jahren ist das so. Parallel dazu werden die Hundegesetze verschärft. Verbesserung hat das keine gebracht, die Politik setzt falsch an. Ohne einer Reform des Heimtierzuchtgesetzes wird es nicht gehen. Solange Hinz und Kunz „hobbyzüchtet“ und Würfe in Hinterhöfen fallen, Hundehändler fröhlich kaputte Welpen von Hundefarmen verkaufen und Tierschützer alles importieren was bei Drei nicht am Baum ist, solange werden die Probleme größer statt kleiner.

DAS KOSMETIKUM RASSELISTE

Es ist ziemlich unpopulär Mensch zu sagen, dass sie sich beschränken sollen, daher tun Politiker das nicht gerne. Hund ist generell ein emotionales Thema. Wenn Politiker Gesetze machen, dann lieber solche, die nur einer kleinen Gruppe „weh tun“. Rasselisten sind so ein Gesetz.

Wenn man Wien hernimmt, 6% der Hundepopulation stehen auf einer Liste, kein Mensch hat bisher eine schlüssige Erklärung dafür gefunden, warum es im Sinne der Gefahrenprävention sinnvoll ist, 6% der Hund zu erziehen aber 94% der Hunde nicht. Den einzigen Sinn den solche Listen haben: sie lassen sich gut für Populismus nützen. Es ist ein einfaches Rezept: Grenze eine kleine Gruppe aus, sag die sind supergefährlich, überhäufe sie mit Auflagen und sage du hast die Gefahr gebannt. Wenn du Glück hast, wirft diese kleine Gruppe das Handtuch bevor jemand darauf kommen kann, dass diese Vorgehensweise sinnlos ist, so es darum geht Gefahr zu vermeiden.

Dänemark ist sogar so weit gegangen diese Hunde zu töten. Genützt hat es nichts, eine Studie beweist, dass die Bissvorfälle nicht weniger geworden sind. Das ist den Dänen egal, sie halten an ihrem Konzept der „Gefährlichen Hunde“ fest.

ES GIBT ZWEI HAUPTFAKTOREN DIE „PROBLEMHUNDE“ ERZEUGEN

Das ist einerseits die Herkunft des Hundes und anderseits die Art wie ein Hundehalter seinen Hund erzieht und führt. Damit steht und fällt die gute Hundehaltung. Ein Hund der vorbelastet ist, sei es weil seine Aufzuchtbedingungen übel waren oder weil er miese Erfahrungen gemacht hat, ist schwerer zu führen als ein Hund der als kleiner Sonnenschein auf die Welt kam, gut aufwuchs und geliebt wird. Kann ein Hundehalter das durch sein Können ausgleichen, kann er auch einen schwierigen Hund sicher führen. Dummerweise sind es aber sehr oft Menschen die wenig Ahnung vom Hund haben, die sich für einen schwierigen Hund entscheiden.

Will die Politik brave Hunde und hundekundige Menschen, dann muss sie da ansetzen. Das allerdings bedeutet eine Einschränkung – denn sie muss den Hundehalter zu zwei Dingen verpflichten. Einerseits muss er auf die Herkunft seines Hundes achten, anderseits muss er genug Wissen und Können mitbringen um den Hund zu führen.

RASSELISTEN SIND EINE BREMSE

10 Jahre Rasseliste in Wien zeigen, dass sich nichts positiv verändert hat, im Gegenteil, seit Novelle12 streiten die Menschen noch viel herzhafter um die Vierbeiner, als sie es vorher getan haben. Die Listenhunde sind nicht weniger geworden, die Bisse nicht seltener, die Hundehalter nicht klüger. Man hat 10 Jahre verschwendet, denn man hätte die Zeit nützen können funktionierende Hundegesetze zu verabschieden. An guter Beratung hat es nicht gescheitert, die wurde ignoriert. Brauchbare Ideen wurden als zu aufwändig oder teuer abgelehnt. Die Rasseliste war billig, einfach einzuführen und als Make Up hat sie durchaus einige Zeit gehalten.

ÖSTERREICHWEITE GESETZE FÜR HUNDEHALTUNG?

In Österreich wird überlegt die Hundegesetzgebung bundesweit zu vereinheitlich. Bisher konnte jedes Bundesland für sich entscheiden, wie es mit Hund und Halter umgeht, das soll sich ändern. Wenn man diesen, durchaus sinnvollen, Schritt wagt, sollte man zwei Dinge im Hinterkopf haben: Herkunft und Erziehung des Hundes, beides hängt vom Hundehalter ab. Er entscheidet aus welcher Quelle er seinen Hund bezieht, er entscheidet, wie viel Wissen er sich zur Führung des Hundes aneignet. Von Rasselisten sollte man die Finger lassen, die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass sie keine positiven Veränderungen bringen.

Die Einstellung von Franz Eßl (ÖVP) ist ein vernünftiger Ansatz. In einem Interview im Bezirksblatt äüßert er sich folgendermaßen:

In der Politik gehe es laut dem Tamsweger Nationalratsabgeordneten Franz Eßl  darum, mit Augenmaß und wohl überlegt neue Gesetzesvorschläge einzubringen beziehungsweise zu beschließen. „Ich halte daher nichts von Anlassgesetzgebung, auch wenn der tödliche Hundebiss in Wien wirklich tragisch ist“, spricht sich der ÖVP-Tierschutzsprecher gegen politische Schnellschüsse, aber sehr wohl für eine breite Diskussion über Sachkenntnisse und Verantwortungsbewusstsein der Hundehalter aus.

„Es braucht Zeit, Bewusstsein und Wissen“

Eßl ist Landwirt und selbst Hundehalter. „Das Wichtigste im Umgang mit Hunden ist, dass sich Hundehalter viel Zeit für ihren Hund nehmen. Nur das kann man kaum gesetzlich regeln. Es braucht in erster Linie das Bewusstsein und das Wissen des Hundehalters, was sein Hund braucht bzw. welche Bedürfnisse er hat“, betont der Lungauer. Generell spricht er sich dafür aus, dass „jeder, der einen Hund haben will, auch vorher Bescheid wissen muss, auf was er sich da einlässt.“

Eßl verlangt „Sachkundenachweis“

Künftige Hundehalter müssten sich bereits vorab eingehend mit Verhaltensweisen und Unterbringungsnotwendigkeit von Hunden auseinandersetzen, verlangt Eßl einen „Sachkundenachweis“ für alle Hundehalter. Dabei gäbe es zwei Möglichkeiten der Umsetzung: entweder eine gesetzliche Verpflichtung des Nachweises oder ein freiwilliges Anreizsystem, das bei Erfüllung der Auflagen etwa finanzielle Erleichterungen z. B. bei der Hundesteuer biete. Um den richtigen Umgang und den Kontakt zum eigenen Hund zu stärken, sei für den ÖVP-Tierschutzsprecher auch der Besuch einer Hundeschule sehr wichtig. „Strengere Gesetze allein werden manche Vorfälle nicht verhindert können. Denn letztendlich liegt es an den Hundehaltern, wie sie ihrer Verantwortung gerecht werden“, betont Eßl abschließend.