Hund und Körperverletzung ist ein wichtiges Thema – aber nicht der Hund braucht einen Rechtsanwalt sondern jeder Hundehalter*in ist gut beraten einen guten Rechtsanwalt zu kennen und eine Rechtschutzversicherung zu haben, denn der Gesetzgeber sieht die Haftung fast immer beim hundehaltenden Zweibeiner. Der Vierbeiner ist fein raus, denn er ist de jure eine „Sache“ und kann daher nicht geklagt werden, bei Herrchen oder Frauchen sieht das allerdings anders aus. Da guter Rat oft teuer ist, sollten Hundehalter*innen eine Versicherung abschließen, die im Fall des Falles die Kosten deckt. Besonders wenn es um heikle Delikte, wie zum Beispiel Körperverletzung geht, denn dann landet der Fall schnell bei Gericht und zieht einen Rattenschwanz an Problemen nach sich. Jedenfalls dann, wenn man keinen guten Anwalt in der Hinterhand hat.
Körperverletzung durch einen Hund passiert schneller als man denkt
Der oder die Leser*in wird sich jetzt denken: „Das passiert mir nie, mein Hund beißt doch nicht“. Dazu ist zu sagen: ein Kratzer reicht um den Tatbestand „Körperverletzung“ zu erfüllen. Der Vierbeiner muss nicht beißen, es reicht aus wenn er einen Menschen anspringt, kratzt, umstößt oder auch, wenn er vielleicht nur zur falschen Zeit am falschen Ort im Weg steht. Zum Beispiel ein Radfahrer der einen Purzelbaum schlägt ist ziemlich sicher am Körper verletzt. Viele Menschen sind sich nicht bewusst, wie schnell das Delikt „Körperverletzung“ erfüllt ist. Rechtsanwalt Strobl hat dazu auf seinem Blog einen interessanten Text geschrieben.
Rund um den Hund wird oft geklagt
Die Gesellschaft ist „klagfreudig“ geworden. Hat man vor 10 Jahren noch vieles „unter sich“ ausgemacht, so ziehen heute viele Menschen vor Gericht um ihre Ansprüche durchzusetzen. Dieser Trend betrifft auch die Hundewelt. Kratzer und Beulen ziehen oft hohe Schadenersatzansprüche nach sich. Bei Bissvorfällen landet der Fall sowieso vor Gericht, denn Spitäler haben die Pflicht eine Bissverletzung zu melden. Die Polizei muss nach einer solchen Meldung ermitteln, denn ein Hundebiss ist immer eine Körperverletzung. Der Hundehalter muss sich vor einem Gericht dafür verantworten, die Frage die dort gestellt wird ist, ob es sich „nur“ um fahrlässige Körperverletzung handelt oder mehr. Auch die zivilrechtlichen Ansprüche sind nicht zu unterschätzen, denn oft will der oder die Geschädigte einen Schadenersatz und das kann durchaus teuer werden. Daher sollte ein Hundehalter immer über zwei Versicherungen verfügen – eine Haftpflicht und eine Rechtschutzversicherung. Viele Versicherungen bieten das mittlerweile als Paket an.
Was tun wenn ein Schaden passiert?
Schweigen und telefonieren – denn alles was man vor Ort sagt kann gegen einen verwendet werden. Wenn der Fall der Fälle eintritt sollte man keine Aussagen vor Ort treffen sondern umgehend den Rechtsanwalt des Vertrauens anrufen und um Rat fragen. Die meisten Hundehalter*innen verschlimmern ihre Situation indem sie zu viel reden. Dass man dem Opfer hilft ist selbstverständlich aber man sollte sich nicht selbst belasten, denn das Opfer kann schnell zum Gegner vor Gericht werden. dogNEWSdieSEITE hat Rechtsanwalt Andreas Strobl zum Thema Hund und Körperverletzung befragt:
Interview mit Mag. Andreas Strobl zum Thema Hund und Körperverletzung
dogNEWSdieSEITE: Wo beginnt Körperverletzung durch den Hund? Reicht da schon ein Kratzer oder muss es etwas mit Biss sein?
Andreas Strobl: Es reicht bereits ein Kratzer. Dabei muss die Einwirkung nicht direkt gegen den Verletzten gerichtet sein, zum Beispiel ein auf der Hundewiese laufender Hund streift einen Menschen ohne diesen gesehen zu haben. Das bedeutet: Wenn der Hund mit seinem Brustgeschirr oder Halsband einem Menschen einen Kratzer zufügt, liegt eine Körperverletzung vor. Ob dafür zu haften ist, ergibt sich aus einer Reihe zu prüfender weiterer Tatbestandsmerkmale.
dogNEWSdieSEITE: Wenn ein Hund einen anderen Hund beißt, ist das dann auch Körperverletzung?
Andreas Strobl: Nein. Das wäre bloß Sachbeschädigung, da rechtlich ein Tier ja eine Sache ist. Dazu kommt, dass es nicht möglich ist, eine Sachbeschädigung fahrlässig zu begehen, weshalb die Haftungsvoraussetzungen höher sind.
Wir sprechen hier jedoch vom gerichtlichen Strafrecht. Dieses ist vom Verwaltungsstrafrecht und vom Zivilrecht zu unterscheiden. Nach den beiden letztgenannten Rechtsgebieten kann ein solcher Hundebiss durchaus Rechtsfolgen auslösen, zum Beispiel Verwaltungsstrafen wegen nicht rechtmäßiger Hundehaltung oder Schadenersatz nach dem Zivilrecht.
dogNEWSdie SEITE: Wenn eine Körperverletzung durch den Hund passiert – gibt das eine Vorstrafe?
Andreas Strobl: Grundsätzlich ist dies möglich. Meist wird jedoch eine fahrlässige Körperverletzung vorliegen. Dabei bestehen gute Chancen den Fall mit Diversion zu erledigen. Demnach wäre man nicht vorbestraft.
dogNEWSdieSEITE: Viele Hundehalter sind sich vermutlich nicht bewusst, dass eine Körperverletzung durch einen Hund schnell entstehen kann. Wie ist ihr Eindruck?
Andreas Strobl: Dieses Problem haben nicht nur Hundehalter: Generell ist die Menschheit höchst naiv bzw ungebildet, wenn es darum geht, einzuschätzen, was eine Körperverletzung ist. Wer dies weiß, der muss auch wissen, dass er einen anderen nicht einmal angreifen darf und dabei meine ich „angreifen“ im Sinne von Berühren – nicht im Sinne von Attacke (Angriff).
dogNEWSdieSEITE: Wenn ein Hund an einem Menschen vorbeiläuft und dieser Mensch stürzt – wann ist der Hund dafür verantwortlich? Nur wenn er den Menschen berührt?
Andreas Strobl: Rein theoretisch ließe sich eine Haftung sogar ableiten, wenn der Hund den fremden Menschen gar nicht berührt. Hier ist zB an Fälle zu denken, wenn ein Mensch einem auf ihn zulaufenden Hund vor Angst ausweicht und dabei zu Sturz kommt und sich verletzt. Klassisch ist hier die Haftung nach dem Verwaltungsstrafrecht, da der Hund offenbar nicht ordnungsgemäß gehalten wurde. Eine zivilrechtliche Haftung ist auch möglich.
dogNEWSdieSEITE: Wenn ein Radfahrer von hinten auffährt, der Hund erschrickt, der Radfahrer kommt zu Sturz – wer ist da eigentlich schuld?
Andreas Strobl: Das kommt auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an.
dogNEWSdieSEITE: Wir sind in einer Hundezone, die Vierbeiner laufen alle frei. Ein fremder Mensch findet unseren Hund lieb und spielt mit ihm, es kommt zu einer Verletzung. Wer haftet dann eigentlich?
Andreas Strobl: Der Hundehalter haftet. Zu denken wäre hier nur an die sogenannte „Einwilligung zur Verletzung“. Dies würde den Halter nicht strafrechtlich haften lassen. Jedoch wird es sehr schwierig sein, die Umstände zu beweisen. Wenn man einen Fall dafür konstruiert, könnte dieser so aussehen: Der A ist ein Hundenarr und geht in die Hundezone um mit fremden Hunden zu spielen. Dabei ist er wild und lässt es auch zu, dass die Hunde mit ihm wild spielen. Wenn dann plötzlich ein Bluterguss auftaucht oder ein Kratzer, wird sich der A wohl nicht darauf berufen können, verletzt worden zu sein. Man wird ihm, zu Recht, entgegenhalten, dass er sich auf die konkreten Risiken eingelassen hatte und damit rechnen musste, dass er dabei leichte Verletzungen erleidet. Das ist so ähnlich wie bei einem Fußballspiel – dabei lässt man sich auf gewisse, zu erwartende Verletzungen ein.
dogNEWSdieSEITE: Stellen wir uns vor, wir haben einen Leinenaggressiven Hund. Der beginnt plötzlich wie wild zu bellen. Ein Fußgänger erschrickt so sehr, dass er vom Gehsteig fällt. Ist da der Hundehalter in der Haftung?
Andreas Strobl: In einem solchen Fall wird die Haftung grundsätzlich zu prüfen sein. Denkbar ist, dass daraus eine Haftung zivilrechtlich resultiert. Das wird im konkreten Einzelfall geprüft werden müssen. Jedoch Achtung!: Alleine die Korrespondenz, beziehungsweise die Ankündigung einer Klage etc, kann dem Hundehalter bereits massiv zusetzen. Oft lassen sich Hundehalter dann zu Abschlagszahlungen verleiten um weitere Unannehmlichkeiten (auch finanzielle) zu vermeiden. – Lässt man sich rechtlich ordentlich beraten, kostet das – mitunter nicht wenig In Relation zum Einkommen gesehen. Daher auch hier die Empfehlung eine Hundehaftpflicht- und eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, die die anwaltliche Vertretung in Hundehaftpflichtfällen deckt.
dogNEWSdieSEITE: Ein Kind schleicht sich heimlich von hinten heran und zieht den Hund am Schwanz. Der erschrickt und es kommt zu einer Verletzung beim Kind. Wie sieht es da mit der Haftung aus?
Andreas Strobl: Auch hier ist auf den konkreten Einzelfall abzustellen. War der Hund rechtmäßig verwahrt? Konnte der Hundehalter die Gefahr rechtzeitig erkennen? Im Straßenverkehr gilt der Vertrauensgrundsatz nicht für Kinder. Ähnliches wird auch im Zusammenhang mit Hunden zu beachten sein. Ein Hundehalter hat es also nicht leicht – er muss permanent wachsam sein.
dogNEWSdieSEITE: Ist ein Hundehalter fast immer in der Haftung oder gibt es Fälle wo er auch aus juristischer Sicht nichts dafür kann?
Andreas Strobl: Grundsätzlich sollte man davon ausgehen, immer in der Haftung zu sein. Deshalb kann nur empfohlen werden, um seinen Hund eine Art „Schutzschild“ zu bauen. Zum Beispiel wie im vorigen Beispiel das Kind laut und deutlich aufmerksam zu machen, sich nicht weiter dem Hund zu nähern und auch die Eltern forsch anzusprechen. Man muss davon ausgehen, dass am Ende eines Vorfalls immer der Hundehalter „übrig bleiben“ könnte.
dogNEWSdieSEITE: Ist der Gesetzgeber da nicht etwas zu streng mit dem Hundehalter? Ist die Gesetzeslage angemessen?
Andreas Strobl: Das ist Rechtspolitik. Aber ja, darüber kann man, vielleicht sollte man auch, diskutieren. Mein Eindruck ist, dass man als Hundehalter sehr leicht beziehungsweise schnell haftet.
dogNEWSdieSEITE: Immer häufiger berichten wir darüber, dass Hundehalter die Flucht ergreifen. Woran liegt das?
Andreas Strobl: An den rechtlichen Folgen: Anzeige wegen Verwaltungsübertretung (Verwaltungsstrafverfahren mit bis zu 30.000 Euro Geldstrafe); gerichtliches Strafverfahren mit der potentiellen Gefahr eventuell vorbestraft zu sein; zivilrechtliche Haftung mit der Möglichkeit tausende Euro Schadenersatz leisten zu müssen.
dogNEWSdieSEITE: Ist so eine Körperverletzung „nur“ ein Fall für die Haftpflichtversicherung oder muss der Hundehalter mit weiterführenden Konsequenzen rechnen?
Andreas Strobl: Die Haftpflichtversicherung deckt ja bloß materielle Schäden. Die Folgen eines gerichtlichen Strafverfahrens sind davon nicht umfasst (zB Vorstrafe). Meines Wissens, vielleicht kann das bei einer Versicherung noch eruiert werden, bezahlt die Versicherung auch nicht die Geldstrafe aus dem Verwaltungsstrafverfahren (bis zu 30.000 Euro).
dogNEWSdieSEITE: Was kann ein Hundehalter tun um juristisch auf der sicheren Seite zu sein?
Andreas Strobl: Ich rate den Abschluss von Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung und in jedem Fall einen Rechtsanwalt bzw Verteidiger in Strafsachen zur Rechtsberatung zu kontaktieren.
dogNEWSdieSEITE: Wie soll er sich im Fall der Fälle, also wenn etwas passiert ist, verhalten?
Andreas Strobl: Am Besten so wenig wie möglich vor Ort reden. Ja kein Anerkenntnis für irgendwelche Handlungen, Taten, Schäden abgeben. Die Aussage vor der Polizei verweigern. So schnell wie möglich einen spezialisierten Rechtsanwalt kontaktieren. Ein professioneller Rechtsanwalt wird das weitere Vorgehen erörtern und festlegen.
dogNEWSdieSEITE: Brauchen auch kleine Hunde eine Versicherung?
Andreas Strobl: Das würde ich schon raten – ja. Denn das „Problem“ ist ja oft nicht der Hund sondern die Unachtsamkeit des Halters. Der Hund haftet ja auch nicht sondern der Halter.
dogNEWSdieSEITE: Macht vor Gericht die Größe oder Rasse des Hundes einen Unterschied?
Andreas Strobl: Selbstverständlich. Auch hier ist es ähnlich wie im Straßenverkehr: Umso größer, schwerer und gefährlicher ein Fahrzeug ist, desto sorgfältiger muss der Lenker/Halter damit umgehen. Bei Hunden ist es gleich: Ein großer, bissstarker Hund ist eine ganz enorm andere, stärkere Gefahrenquelle als ein Schoßhündchen, das nicht einmal die menschliche Haut mit seinen Zähnchen durchbohren kann. Ein Entscheidungsträger (in letzter Konsequenz ein Richter) wird daher einen ganz anderen Sorgfaltsmaßstab von einem Halter eines Listenhundes erwarten als von einem 3 Kilo-Hündchen.