Hundezonen per se sind nicht das Übel, das Verhalten der Hundehalter ist allerdings oft übel. Das mag daran liegen, dass Menschen glauben eine Hundezone ist ein „Hundespielplatz“, man bringt die „lieben Kleinen“ dort hin und kann dann etwas abschalten, denn der Vierbeiner darf da tun was er will und überhaupt – Hunde regeln sich das schon selbst.

Hundezonen in Wien

Dagegen spricht schon das Hundehaltergesetz, denn in Hundezonen ist es zwar erlaubt, den Vierbeiner ohne Maulkorb und Leine laufen zu lassen aber nicht ohne Kontrolle. Der Hund muss sich auch in einer Hundezone oder Hundefreilaufzone, das sind die großen ohne Zaun, benehmen. Theoretisch ist das eine tolle Idee, Hunden im städtischen Gebiet eingezäunte Auslaufbereiche zu bauen, um ihnen dort die sichere Möglichkeit zu gewähren, leinenlos laufen zu können. In einer Stadt besteht meist Leinen- oder Maulkorbpflicht, Hundezonen sind also eine Alternative. 2008 startete die Idee Hundezone in Wien mit 126 ausgewiesene Hunde(auslauf)zonen mit insgesamt 897.445 m² Fläche, mittlerweile sollen es über 160 Hundezonen mit über 1 Mio. Quadratmeter Fläche sein.

So weit so gut. Bei knapp 55.000 gemeldeten Hunden – die Dunkelziffer wird auf rund 100.000 vierbeinige Stadtbewohner geschätzt – und mittlerweile über 1 Mio. Quadratmeter Auslauffläche in den Hundezonen sollte genug Platz für alle sein, möchte man meinen.

Hundezonen sind kein „Hundespielplatz“

Prinzipiell wären Hundezonen also eine gute Idee, wenn da nicht die Vermenschlichung der Vierbeiner wäre. Menschen denken, eine Hundezone ist toll, da kann mein Hund „spielen“, trifft andere Hunde, freut sich darüber und schließt Freundschaften. Hundehalter haben eine Art „Hundespielplatz“ im Kopf, wenn sie eine Hundezone besuchen. Diese Idee teilt der Hund nicht.

Hunde spielen nicht

Tatsache ist: Erwachsene Hunde spielen viel seltener als Menschen das annehmen. Spielen dient in der Welpen- und Junghundezeit dazu, dass Verhalten für den Ernstfall geübt und Sozialverhalten erlernt wird. Spielverhalten wird aber, wie beim Menschen auch, mit dem Erwachsenwerden weniger, erst recht mit Fremden. Hunde sind nicht der Meinung, dass eine Hundezone zum Spielen da sei, entsprechend benehmen sie sich manchmal anders, als sich das ihr Zweibeiner vorstellt. Territorialverhalten, Mobbing, manchmal auch eine hundliche Prügelei, sprich eine Beißerei, sind daher nicht selten in Hundezonen. Zweibeiner tendieren dann, den berühmten Satz: „Ui, das hat er noch nie gemacht“, zur Anwendung zu bringen, oft in Kombination mit „aber er wollte doch nur spielen“.

Wenn Menschen ein Spiel sehen wo keines ist

Was Hundehalter oft in die Begegnungen in Hundezonen interpretieren, ist sehr oft alles andere als echtes Spiel. Die meisten Hunde empfinden dabei Stress statt Entspannung. Von den Mobbingsequenzen, die sich aufgrund der Gruppendynamik ergeben können, einmal ganz zu schweigen. Es ist bitter wenn man beim Mobbing das „Opfer“ ist. Sozialkontakte sind fein, aber nicht um jeden Preis.

Die Sache mit der Territorialität

Man sollte auch nicht ganz auf die Territorialität vergessen, Was wir unseren Hunden Jahrhunderte lang angezüchtet haben, das haben sie „in sich“, das ist zum Beispiel ein mehr oder weniger ausgeprägtes Bewusstsein für den Bereich der „ihnen gehört“, das so genannte „Territorium“. Dieses Bewusstsein führt unweigerlich zu einer erhöhten Wachsamkeit gegenüber „Störenfrieden“. Das kann unterschiedlich ausgeprägt sein, manche Hunde sind Sonnenscheinchen und lieben alle, andere wieder, verprügeln jeden Eindringling, wenn sie können.

Ein territoriales Bewusstsein ist also ein ganz individuelles, aber durchaus natürliches Recht unserer Hunde. Mit den Hundezonen werden aber eine Art „Zwangsbegegnungszonen“ geschaffen, die es so in der Natur nicht gibt. Für einen Hund kann so etwas sehr verwirrend sein. Sein natürliches Verhalten motiviert ihm dazu, sein Revier zu beanspruchen, sein Zweibeiner erwartet aber, dass er ein Fan von „Open Spaces“ sein soll. Das kann einen Vierbeiner schon in eine kognitive Dissonanz stürzen.

Felix – Ein fiktives Negativbeispiel

Franzi ist mit Brutus in der Hundezone, während Franzi im Smartphone versinkt, pinkelt sich Brutus die Seele aus dem Leib um die Hundezone als sein Territorium zu markieren. Gar nicht so einfach, denn seit Brutus das letzte Mal hier war, haben unzählige Hunde, seine sorgfältig gesetzten Duftmarken und Kratzmarken überpinkelt oder überkratzt. Gerade als er endlich fertig ist, geht die Tür auf und Fritz kommt mit Brunhilde in die Hundezone, er und Franzi vertiefen sich in ein Gespräch, Brutus muss indessen mit ansehen, wie Brunhilde seinen Duftmarken eine feminine Note gibt. Brutus ist erschüttert aber Brunhilde ist größer, stärker und mag keinen Widerspruch. Brutus macht aus der Not eine Tugend und präsentiert sich als „bester aller Rüden“, Brunhilde zeigt gnädig etwas Interesse. Da geht schon wieder die Tür auf und Zerberus stapft in die Hundezone, sein Herrchen im Schlepptau. Brutus Leben wird mit einem Schlag ausgesprochen kompliziert. Ein fremder Rüde in seiner Hundezone ist an sich schon eine bodenlose Frechheit, aber auch noch eine neue, vielversprechende Begegnung, sprich Brunhilde, zu teilen – unmöglich. Brutus will dem Eindringling gleich zeigen, wo der Bartel den Most holt. Brunhilde, als Rüdin, sieht allerdings nicht ein, sich vorschreiben zu lassen, wer an ihrem Hintern schnuppern darf und Zerberus beschließt „alles meins“. Der große Hundekrieg steht kurz bevor. In diese, etwas gespannte Atmosphäre, saust plötzlich ein kleiner weißer Fellball, laut kläffend, rennt sich Felix seinen Stress aus dem Leib.

Felix hat eigentlich große Angst vor Hundezonen, er ist zwar noch jung aber das eine oder andere Loch hat er bereits in seinem Pelz. Sein Frauchen Chantal steht auf dem Standpunkt, dass Felix Hundefreunde braucht und Hundezonen die perfekte Spielplätze für den kleinen Felix sind. Das hat Spuren im Nervenkostüm des Hundes hinterlassen. Sobald Felix in eine Hundezone kommt, rennt Felix, er rennt weg vor dem Stress, vor der Angst wieder gebissen zu werden, vor den großen unheimlichen Hunden. Brutus, Brunhilde und Zerberus beschließen den Hundekrieg zu verschieben und sich lieber dem Beutetrieb hinzugeben. Felix rennt nun wirklich um sein Leben, Brutus, Brunhilde und Zerberus hinterher.

Chantal ist begeistert, süüüüüß kreischt sie, sie spielen soooo lieb miteinander. Chantals hohe kreischende Stimme und Felix Gebell, das zu einem Geschrei wird, alarmieren schließlich Fritz und Franzi, denen langsam dämmert, dass das ein sehr unangenehmer Vorfall werden könnte. Das Herrchen von Zerberus steht still in der Ecke der Hundezone, er weiß, dass er nichts mehr tun kann. An die 100 Kilogramm Hund haben Felix eingeholt, ein kurzer klagender Schrei, Felix muss nicht mehr rennen, nie mehr.

Unaufmerksame Hundehalter sind ein Übel

Wer mit seinem Hund „Gassi geht“, sollte das Smartphone in der Tasche lassen, ein Vierbeiner will und er braucht Aufmerksamkeit. Hat er die nicht, handelt er eigenständig. Aus hundlicher Sicht wird der Hund, bei mangelnder Kontrolle, keine Fehler machen, aus menschlicher Sicht kann das ganz anders aussehen. Ist der Hund an der Leine, dann sind seine Möglichkeiten etwas anzustellen, ziemlich eingeschränkt. Läuft der Hund aber ohne Leine, dann kann schnell eine problematische Situation entstehen, auch in Hundezonen.

In einer Hundezone ist es legal die Leine zu lösen aber es ist verboten auf die Kontrolle zu vergessen, wenn der Hund einen anderen Hund oder einen Menschen verletzt, dann ist der Hundehalter haftbar. Hundezonen sind öffentliche Räume, in denen sich jeder frei bewegen darf.

Lesekurse für Hundehalter wären dringend nötig

Menschen missinterpretieren sehr oft was ein Hund tut. Bei Hundelosen Menschen ist das nachvollziehbar, bei Hundehaltern ein Drama. Wenn man nicht weiß, was der Hund sagt, dann kann man nicht richtig reagieren. Kommt dazu noch eine Portion „Vermenschlichung“, dann kann das durchaus gefährlich werden. Ein Großteil der Bissvorfälle passiert aufgrund dieser „Leseschwäche“.

Daher ist es, wenn man gerne in Hundezonen geht, wichtig seinen Hund „lesen“ zu können. Eine falsche Interpretation verhindert eine, der Situation angepasste, Handlung. Es reicht auch nicht, nur den eigenen Hund zu lesen, man sollte auch die Absichten eines fremden aber sich nähernden Hundes erkennen, denn die Kombination aus dem Verhalten beider Hunde, bestimmt den weiteren Ablauf der Handlungen.

Man braucht Zeit um richtig agieren zu können

Hundehalter bedenken oft nicht, dass jeder Mensch eine gewissen Zeit benötigt um auf eine Situation reagieren zu können. Wer seinen Hund einfach ungefragt zu einem anderen Hund hinlaufen lässt, geht ein Risiko ein. Es mag sein, dass der eigene Hund völlig friedlich ist, es kann aber sein, dass der andere Hund auf Krawall gebürstet ist. Vielleicht stimmt einfach die Chemie zwischen den beiden Hunden nicht. Vielleicht kommt noch ein dritter Hund dazu, der die Begegnung aufmischt. Es gibt viele Faktoren die zu einem Eklat führen können.

Eine Grundregel sollte auch sein, wenn man auf ein Team von Hunden trifft, das können zwei oder mehr sein, die miteinander leben, dann wird der neu dazukommende Hund oft als „Eindringling“ empfunden und eine Gruppendynamik beginnt. Im besten Fall endet es mit Mobbing, im schlechteren Fall mit einem Loch im Pelz.

Hunde sind keine Fans davon, ständig „neue Freunde“ kennen zu lernen. Wenn man es genau nimmt, wir Menschen ja auch nicht. Man hat seinen Freundeskreis aber man befreundet nicht jeden Fremden, warum also glaubt man, Hunde fänden das toll?

Die wichtigsten Regeln in Hundezonen und auf Hundewiesen

Immer Kontrolle ausüben, das bedeutet den Hund im Blick und in Abrufweite haben. Bei etwaigen Hundebegegnungen, zuerst Kontakt mit dem anderen Hundehalter aufnehmen. Eine Hundebegegnung nur dann zulassen, wenn die Hunde einander „riechen können“ und auch die Zweibeiner miteinander auf einen Nenner kommen. Größenverhältnisse beachten, manche Unfälle passieren, weil ein Hund groß und ungestüm, der andere klein und zu langsam ist.

Immer im Kopf haben, dass nicht jeder Hundehalter seinen Hund im Blick oder im Griff hat. Es kann passieren, dass sich ein weiterer Hund einem „Spiel“ anschließen will. Die Faustregel ist, nur wenn ab und an die Rollen getauscht werden, dann ist es auch ein Spiel. Wenn ein Hund den anderen Hund hetzt, kann das Mobbing oder Beuteverhalten sein. Sowas hat meist Folgen.

Eine Bitte an die Hundehalter

Was gar nicht geht, sind im Smartphone versunkene, surfende oder telefonierende, tratschende, unachtsame Hundehalter, die Hundezonen als „ihren“ Garten oder als „Hundespielplätze“ betrachten. Gerade dort, wo auf mehr oder weniger engem Raum viele fremde Hunde aufeinandertreffen, ist umso mehr Achtsamkeit und Respekt gefragt. Und eben kein „die machen sich das schon aus, denn das geht fast immer schief und endet in einem handfesten Streit der Hundehalter.

Bitte lernt eure Hunde lesen, respektiert sie in ihrer Natur und denkt auch für andere Hunde mit. Ein Hund ist ein Raubtier und er ist ein Beutegreifer, er hat Triebe und Verhaltensweisen, die kontrolliert werden müssen. Vergrabt euer Handy in den Tiefen der Tasche, die Zeit gehört eurem Hund. Seid aufmerksam, Unvorhersehbares passiert öfter als man denkt. Gleicht die Fehler der anderen aus und klärt sie auf. Lasst euren Hunde weder mobben noch hetzen, verfestigt sich dieses Verhalten, dann hat man schnell einen komplizierten Hund. Brecht ein „Spiel“ ab, wenn ihr ein schlechtes Gefühl habt. Akzeptiert wenn euch ein Hundehalter bittet, den Hund abzurufen.

Sonst werden Hundezonen zu „Fightclubs“ und das wäre eigentlich schade, denn gerade für Einzelhundehalter sind sie eine gute Möglichkeit Hundefreunde zu finden. Wer mehr als einen Hund an der Leine hat, sollte sich überlegen, ob eine Hundezone der perfekte Ort für ihn ist.

Bild: Foto von Sebastian Coman Travel von Pexels

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