Warum wirbt man mit Qualzuchtrassen? Die kurze Antwort: weil es funktioniert, die etwas längere Antwort steht im hier folgenden Text. Plattnasen in der Werbung findet man quer durch alle Branchen, Mops & CO sind beliebte Werbesujets, Versicherungen, Schlankheitsmittel, Hundefutterhersteller, sie alle haben die Plattnase als Werbeträger entdeckt und wenden das Sujet gerne an. Manchmal führt das zu kuriosen Widersprüchen: Hundeversicherungen, die eine Behandlung von Erkrankungen aufgrund von Brachycephalie ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausschließen, werben trotzdem mit einem putzigen Frenchie oder einem Mops für ihr Produkt.

Klopapier mit Mops „Limited Edition“

Es ist doch nur ein Bild?

Könnte man sagen aber man darf nicht außer Acht lassen, dass Werbung die Aufgabe hat, die Nachfrage eines Produkts anzukurbeln. Werbung bedient sich der Psychologie um an ihr Ziel zu kommen. Der zentrale Nutzen von Werbung besteht darin, den Absatz von Produkten und Dienstleistungen zu fördern und langfristig ein positiveres Image des Auftraggebers aufzubauen. Sie dient sowohl der gezielten und bewussten als auch der indirekten und unbewussten Beeinflussung, also Suggestion. „Bilder sind, laut Werbeforscher Kroeber-Riel, schnelle Schüsse ins Gehirn“. Sie erzeugen sogenannte „innere Bilder“ und sind Teil der Suggestivwerbung. Ein Bild von einem Mops ist in der Werbung kein „unschuldiges Foto“, es soll etwas auslösen und bewirken. Plattnasen“ in der Werbung heizen den Markt für diese Rassen an.

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Ein Bulldog in der Schönheitswerbung ist sicher kein Zufall. Die Wirkung von Tieren auf Menschen wird seit Mitte der 1970er Jahre auch im deutschsprachigen Raum systematisch erforscht. Das gilt besonders für die Werbung, einen Milliardenmarkt. Da will man schon genau wissen, mit welchem Hund sich welche Produkte am besten verkaufen lassen. Die Mensch-Tier-Forschung ist an einigen psychologischen Instituten angesiedelt und liefert für das Marketing der großen Konzerne fundierte Hunde-Empfehlungen vom Basset Hound bei Hushpuppies, dem Scotch Terrier bei Whisky, dem Border Collie bei Ford, bis zum English Bulldog bei Almased oder beim Mini.

Christoph Jung / Petwatch

Die Nebenwirkungen von Bildern

Wenn ein Mops oder ein Frenchie mehr Hundefutter verkauft, ist das nicht grundsätzlich böse und auch Suggestivwerbung ist gesetzlich erlaubt. Man darf an die Emotionen appellieren und man darf via Emotion verkaufen. Diese Werbestrategie kann aber Nebenwirkungen haben. Bei leicht bekleideten Frauen die Autos oder Heimwerkerbdarf verkaufen sind diese Nebenwirkungen recht gut erforscht aber bei Plattnasen“ in der Werbung nicht. Trotzdem kann man davon ausgehen, dass putzige Bilder von Möpsen und Französischen Bulldoggen auch Nebeneffekte haben. Einer davon: Es kurbelt die Nachfrage nach diesen Qualzuchtrassen an und es legitimiert sie gesellschaftlich, das ist nicht gut.

Qualzucht ist immer mit Leid verbunden, auch wenn sie putzig aussieht

Tieranzeigen.at zum Beispiel hat Qualzuchten von seiner Verkaufsplattform verbannt. Das hat für Aufregung gesorgt, denn die Hunde, die unter dem Begriff Qualzucht subsummiert werden, haben viele Fans. Das Kindchenschema, das durch die großen Augen und die platten Nasen entsteht, macht diese Hunde beliebt. Tieranzeigen.at ist damit nicht alleine, auch E-Bay hat Qualzucht von seiner Plattform entfernt, denn die Nachfrage ist enorm und die Betreiber wollen dem Verkauf keinen Vorschub leisten. In den Niederlanden hat man mittlerweile ein Ampelsystem geschaffen, ist der Kopf zu kurz, dann bekommen Züchter und Vermehrer Probleme. 2019 verbieten die Niederlande das Züchten von Hunderassen mit angezüchteten Behinderungen und dazu zählen Kurzköpfigkeit und Kurznasigkeit wie beim Mops. Mops & CO stehen im Fokus, denn diese Tiere leiden aufgrund der ihnen angezüchteten Merkmale.

Tierarzt Ralph Rückert thematisiert das Problem Qualzucht und Werbung auf Facebook

Ralph Rückert betreibt einen eigenen Blog und er hat auch auf Facebook eine große Fangemeinde, sein Posting hat also eine große Resonanz. Fast 2000 Kommentare schafft der Beitrag und er wird etwa 900fach geteilt. In dem Posting kritisiert Tierarzt Rückert den bayrischen Futtermittelhersteller „Fleischeslust“, denn der hat eine Französische Bulldogge als Werbesujet für sein Hundefutter verwendet. Es ist kein einmaliger Ausrutscher, Fleischeslust verwendet immer wieder einmal eine Qualzuchtrasse als Werbeträger. Plattnasen“ in der Werbung sind aber nicht nur bei dem bayrischen Futtermittelhersteller ein Problem, viele Produkte werden mit solchen Sujets beworben, selbst Hundekrankenversicherungen haben die Plattnasen in der Werbung für sich entdeckt, obwohl sie die Behandlungen die auf Brachycephalie begründet sind, meist gar nicht bezahlen.

LINK IM BILD (Screenshot Facebook)

Tierärzte protestieren gegen Qualzucht

Unter dem Dach der Bundestierärztekammer haben sich fünf tierärztliche Verbände zusammengetan, um der verantwortungslosen Zucht von extrem kurznasigen Hunden und Katzen den Kampf anzusagen. Es gibt ein Musteranschreiben mit dem Firmen, die mit solchen Sujets werben, auf die Problematik aufmerksam gemacht werden. In dem steht unter anderem zu lesen: „Diese und andere kurznasige Hunde- und Katzenrassen sind gerade modern und sehen mit ihren niedlich kindlich anmutenden Köpfen mit Glubschaugen besonders putzig und charmant aus. In unserem Alltag beobachten wir, dass die öffentliche Darstellung immer mehr potenzielle Tierhalter ermutigt, ein solches Haustier anzuschaffen.“ Tierärzte haben jeden Tag mit diesen Patienten zu tun und sie sehen, wie viel Leid diese Art von Zucht verursacht. Es ist allzu verständlich, dass sie sich gegen Plattnasen in der Werbung engagieren.

Darf man Qualzucht kritisieren?

Ganz sicher darf man das und man soll es sogar, denn diese Hunde leiden ein Leben lang. Fans dieser Rassen finden viele Begründungen, warum es genau ihrem Hund gut geht, das Leiden der Hunde blenden sie aus. Hoffnung am Horizont gibt es, immerhin versuchen manche Züchter eine Rückzucht durch Einkreuzungen, der Retromops ist dafür ein Beispiel. Gleichzeitig gibt es aber den Konsumenten, der das Kindchenschema haben will und das hat seinen Preis. Vermehrer haben das erkannt, die meisten Möpse und andere Leidensgenossen kommen von Menschen, die diese Hunde am Fließband produzieren, mit allen Qualzuchtmerkmalen. Daher muss man beim Konsumenten ansetzen und auch bei jenen die „putzige“ Qualzucht als Werbesujet verwenden. Ralph Rückert hat es so ausgedrückt: „Man kann nicht die Expendables engagieren um mit sämtlichen Puppy Mills aufzuräumen, also muss man stattdessen aufklären“. Und – Aufklärung ist kein „Bashing“ sondern das was der Tierschutzgedanke gebietet.

Für die Qualzucht ist es 5 vor 12

Oft wird die Frage gestellt: „Soll man nun diese Rassen aussterben lassen“? Die Antwort ist, dass genau das passieren wird, wenn Produzenten und Konsumenten nicht umdenken. Die Gesundheit eines Tieres muss immer im Vordergrund stehen. Das ist bei der Qualzucht nicht der Fall. Der Geschmack des Kunden und das schnelle Geld treiben diesen Markt, denn aktuell sind Qualzuchten in Mode. Mops und Frenchie sind beliebte Hunderassen, sie haben viele Fans und die sind Argumenten nicht zugänglich. Gleichzeitig sieht der Gesetzgeber das Thema Qualzucht zunehmend kritisch. Die Niederlande sind Vorreiter mit ihrem Verbot aber Österreich und Deutschland werden vermutlich nachziehen. Auch die großen Zuchtverbände und Ausstellungsrichter erkennen zunehmend das Problem. Wenn also die Fans weiterhin mit Mops & CO ihr Leben teilen wollen, dann sollten auch sie umdenken und bereits beim Kauf auf die Gesundheit des Hundes achten.

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