„Hundefreundlich“ ist ein Schlagwort geworden, das in der Tourismus-und Freizeitwirtschaft gerne verwendet wird. Auch Städte wie Wien, die vom Tourismus leben verwenden diesen Begriff, sogar Stadträtin Ulli Sima wirbt mit der „hundefreundlichen Stadt Wien“ und verweist im selben Atemzug auf die vielen Hundezonen „ihrer“ Stadt. Allerdings – wo hundefreundlich draufsteht, ist nicht immer hundefreundlich drin. Es macht einen großen Unterschied ob der Hund wirklich gemocht wird oder aus Gründen geduldet ist.
Wie willkommen ist der Hund in Wien?
In den Stadtgärten und in vielen Parks herrscht ein generelles Hundeverbot. Fast alle Parks sind heute in Zonen geteilt, die durch Zäune und Schilder voneinander abgegrenzt sind. Eine Zone für die Pensionisten, eine für die Kinder und manchmal auch eine für die Hunde. Wenn eine Mutter mit Kind, Hund und Oma unterwegs ist, wird das wohl zum Dilemma.
Die Wiener selbst sind hundefreundlich, die meisten Menschen freuen sich, wenn sie einen Hund sehen und viele haben gerne Kontakt mit Hunden. Der Wiener, den es ja so nicht gibt, wird als eher grantiger Geselle beschrieben, bei Hunden aber taut er meistens auf. Sehr oft sind die Vierbeiner Anknüpfungspunkt für ein Gespräch, ein positives wenn der Hund brav ist, ein dezenter Streit, wenn der Hund etwas angestellt hat. Wien hat viele Hunde, etwa 60.000 sind legal, geschätzte 40.000 sind U-Boote, also nicht gemeldet.
Die Hundezonen in Wien
Hunde brauchen Auslauf, früher hatten sie diesen so gut wie überall. Es gab eine Zeit, wo Hunde im Burggarten, im Volksgarten oder sogar in Schönbrunn willkommen waren. Das ist Vergangenheit, in all diesen Stadtgärten herrscht heute strenges Hundeverbot. Stadträtin Sima legt großen Wert auf Ordnung und Sauberkeit, „ihr Wohnzimmer“ muss aufgeräumt sein, das mag der Grund sein, warum sie die Hunde in „Hundezonen“ verräumt hat.
Wirklich begeistert scheinen die Wiener von den Hundezonen nicht zu sein. Was ja nicht wirklich verwundert. Viele dieser Zonen sind klein und sehen eher traurig aus. Abgewetzter Rasen, das eine oder andere Gestrüpp, tiefe Löcher, Hundehaufen, ein Mistkübel, vielleicht eine Bank zum sitzen und manchmal eine Wasserstelle für die Vierbeiner. Zu viele Hunde auf zu engem Raum, das nützt schnell ab und es sorgt auch für Konflikt. Die meisten Löcher stanzen sich Hunde gegenseitig in Hundezonen. Immerhin, fast 10 Jahre nach der Schaffung dieser umzäunten Plätze, gibt es jetzt Tafeln mit „Hausregeln“. Vielleicht wird es ja besser.
Es gibt ja noch die großen Auslaufzonen
Stimmt, die gibt es aber da tummeln sich nicht nur Hunde. Die großen Auslaufzonen sind für alle, auch Radfahrer, Jogger, Wanderer, Familien mit Kindern, alle tummeln sich da. Hunde dürfen dort legal frei laufen aber exklusiv für Hunde sind diese Auslaufgebiete nicht. Durch die Auslaufzone im Wiener Prater führt sinnigerweise ein Radweg.
Das Hundegesetz in Wien ist nicht wirklich hundefreundlich
Seit Novelle12 hat Wien „die strengste Hundeverordnung Österreichs“, wie Stadträtin Sima stolz verkündete. Kynologen würden vermutlich sagen, dass Wien die dümmste Hundeverordnung Österreichs hat. Regeln sollten dazu da sein, dass sich Menschen seltener streiten und wenn es wirklich gute Regeln sind, dann sorgen sie für mehr Sicherheit. Novelle12 hat das viel beschworene „Gute Miteinander“ eher sabotiert als befördert. Etwa 3000 Hundehalter werfen jeden Morgen eine Münze ob sie sich an das Tierschutzgesetz oder an das Wiener Hundegesetz halten sollen, beides geht nicht. Die anderen 97.000 Hundehalter tun das was sie immer getan haben, Gassi gehen ohne sich den Kopf über Gesetze zu zerbrechen. Das macht Wien nicht sicherer.
Wien wählt dieses Jahr – am 11.Oktober 2020 ist es so weit
Hundehalter sind auch Wähler und für viele von ihnen spielt es eine Rolle, wie sich eine Partei zum Thema Hund positioniert. Hundegesetze werden von den Wienern zwar nur bedingt ernst genommen aber die Frage ob sie als Hundehalter noch willkommen sind, die nehmen die Menschen schon ernst. Die aktuelle Stadtregierung hat bewiesen, dass sie Hunde eher als lästiges Übel ansieht. Stadträtin Sima hat offen zugegeben, dass sie „Kampfhunde“, das sind aus ihrer Sicht alle größeren Hunde, gerne aus der Stadt verbannen würde. Die Oppositionsparteien sind hundefreundlicher, die NEOS und die FPÖ fordern gleiches Recht und gleiche Pflichten für alle Hunde und setzen auf kynologisches Wissen. Die ÖVP bezieht ungern Stellung zu dem Thema, ist aber mit Novelle12 nicht glücklich. Der ÖHV – Der Österreichische Hundehalterverband – hat für die Wahl eine erste Einschätzung abgegeben:
Was wäre denn „echt hundefreundlich“?
So richtig hundefreundlich wären maßvolle Gesetze die eine wissenschaftliche Basis haben. Populistische Anlassgesetze haben einen Nachteil, sie funktionieren nicht, gut durchdachte Regeln dagegen schon. Friktionsfrei ist nur Gerechtigkeit, jeder Vierbeiner hat die gleichen Rechte und Pflichten. Es ließe sich viel Streit vermeiden, wenn man allen Beteiligten die gleichen Rechte und Pflichten gäbe.
Tut man nicht. Aus populistischer Sicht ist es sinnvoller, eine kleine Gruppe gegen eine größere Gruppe auszuspielen um beide so „klein zu halten“. Funktioniert aktuell bei den Wiener Hundehaltern sehr gut. Für die vielbeschworene Sicherheit ist das allerdings gar nicht gut. Wollte man wirklich Prävention betreiben, also Gefahren abwenden, bevor sie passieren, dann würde man auf Erziehung setzen. Das ist teurer und verwaltungstechnisch aufwändiger aber es wäre hundefreundlich und eben sicher.
Fazit
Die aktuelle Stadtregierung ist nicht „hundefreundlich“, ihre Politik ist eher als „hundefeindlich“ einzustufen, die Menschen der Stadt, die Wiener, dagegen sind freundlich zu Hunden. Der Hund ist für die Politik aber nur eines von vielen Themen und auch für die Menschen der Stadt ist er natürlich nicht das einzige Wahlkriterium. Wäre es nicht so, wäre der Hund das alles Entscheidende, dann würde die Stadtregierung anders aussehen.
Hundegesetzgebung ist letztlich für den Anlassfall geschaffen, eine flächendeckende Kontrolle ist nicht möglich. Das Verhalten der Hundehalter wird nicht so sehr von der Gesetzgebung beeinflusst, jedenfalls nicht von Gesetzen wie Novelle12, denn der Wiener hat gelernt mit 1001 Verordnung zu leben, indem er sich nicht wirklich beachtet. Der Wiener Hundehalter würde sein Verhalten vielleicht verändern, wenn er einen Sinn dahinter sähe aber dazu bräuchte es sinnvolle Gesetze und die gibt es aktuell nicht.