Drei von neun Bundesländern in Österreich haben Rasselisten, in Wien, Niederösterreich und Vorarlberg gibt es für gelistete Rassen strengere Gesetze. Oberösterreich denkt aktuell über eine solche Liste nach. Das ist nicht neu und es ist nicht klug, gleiche Gesetze für alle sind besser, jedenfalls wenn man Streit vermeiden und die Sicherheit erhöhen will. Bissvorfälle sind immer multifaktoriell, das bedeutet: nicht ein einzelner Faktor ist ausschlaggebend für einen Unfall, erst wenn mehrere Faktoren zusammenspielen, passiert das Unglück. Ungleiche Gesetze sind allerdings ein Faktor für Unfälle, besonders wenn sie nicht nur an einen Hundeführschein gekoppelt sind sondern auch strenge Restriktionen für die Führung des Hundes inkludieren.

Warum ist das so – wieso sind gleiche Gesetze für alle so wichtig?

Bei einer Ungleichbehandlung der Hundehalter demotiviert man eine kleine Gruppe und motiviert eine große Gruppe dazu übermütig zu werden. Novelle12 in Wien belegt das recht eindrücklich. Seit Listenhunde „gefesselt und geknebelt“ sind, beziehungsweise sein sollten, halten sich ihre Hundehalter weniger an das Gesetz. Was nicht verwunderlich ist, denn es steht im Konflikt mit dem Tierschutzgesetz. Halter von Nicht-gelisteten-Hunden meinen dagegen Leine und Erziehung nicht mehr zu brauchen, denn ihre Hunde sind schließlich nicht „potentiell gefährlich“. Geraten Vertreter der jeweils anderen Gruppe aneinander, ist ein Konflikt vorprogrammiert.

Die „neuen“ Konflikte

Für Listenhundehalter ist ein heranstürmender „TutNix“ zur Bedrohung geworden. Eskaliert eine solche Begegnung, dann hat der Halter eines Listenhundes die Wahl zwischen Pest und Cholera. Beißt der gelistete Hund kann das bis zur Abnahme gehen, hohe Strafen inklusive. Wird er oder sein Hund gebissen, dann kommt zur Verletzung und dem Trauma das Problem dazu, wie soll man das beweisen? Ein Listenhund hat bei einem Bissunfall grundsätzlich schlechte Karten, denn er ist „potentiell gefährlich“. Das wird der beteiligte TutNix Halter ausnützen. Ein „lieber“ Hund beißt schließlich keinen bösen also muss der Listenhund in jedem Fall der Schuldige sein. Es hängt nun vom Naturell des Hundehalters ab – aber eine Menge von Vorfällen beweisen, dass solche Situationen nicht friktionsfrei gelöst werden.

Ein neuer Trend – der „Fliegende Hundehalter“

Immer öfter entziehen sich Hundehalter einer unangenehmen Situation durch Flucht. Sie sind dabei sogar meist auf der sicheren Seite, denn es ist nicht einfach ihre Identität zu ermitteln. Die Polizei ermittelt da nicht, denn es handelt sich meist um Verwaltungsdelikte, sie muss nur ermitteln wenn es um Strafrecht geht. Letzte Woche wurde Dackeldame Franzi totgebissen, der Täter, ein „schwarzer Hund mit Stehohren“ wurde schnell vom Tatort entfernt, das Fluchtfahrzeug ein kleiner blauer Wagen. Trotz öffentlichen Aufruf in den sozialen Medien wird es schwer sein den Hundehalter zu ermitteln. Franzi ist kein Einzelfall.

Was lässt die Menschen flüchten?

Das mag eine Cocktail aus vielen Zutaten sein. Eine der Ingredienzen ist vermutlich das schwächelnde Verantwortungsbewusstsein, das auch bei Hundehaltern vorkommen soll. Eine weitere Zutat ist die Angst vor den Konsequenzen. War früher ein Bissvorfall zwischen Hunden eher ein Versicherungsfall, so landen heute solche Vorfälle oft vor Gericht und dort steht dann Aussage gegen Aussage. Das mag mit der veränderten Wertigkeit des Vierbeiners zu tun haben, heute sind die geliebten „Fellnasen“ mehr Kindersatz als Haustier. Der eine bringt sein „Kind“ in Sicherheit, der andere will „Blutrache“ für das seine. Kommt dann noch eine per Gesetz verordnete Ungleichbehandlung dazu, ist eine Flucht fast vorprogrammiert.

Warum erzieht man seinen Hund nicht?

Ein Erklärungsmodell ist die Vermenschlichung des Hundes und der damit verbundene Stellenwert. Viele Hundehalter projizieren ihre Wünsche und Sehnsüchte in den Vierbeiner. Er soll es gut haben, glücklich sein, die Freiheit leben, die das eigene Leben nicht hergibt. Erziehung wird zunehmend als Einschränkung empfunden und Regeln sind generell „bähhh“. Dieses Konzept funktioniert bei Kindern nicht und bei Hunden noch viel weniger. Vierbeiner sind große Fans von Regeln und Hierarchien, Hunde entspannen sich viel besser wenn sie wissen was sie zu tun haben. Hunde die selbst entscheiden müssen sind meist etwas unsicher unterwegs und oft sind sie unhöflich und distanzlos zu Artgenossen, manchmal auch zu Menschen. Das macht sie „gefährlich“. Ein erwachsener Hund zeigt einem unhöflichen, heranstürmenden Artgenossen „wo der Bartl den Most holt“, das ist in der Hundewelt normal, in unserer Gesellschaft aber dummerweise nicht.

Der Gesetzgeber wäre gut beraten darauf zu reagieren

In einer Welt wo Hunde immer mehr zu „Kindern“ werden ist es wichtig gleiche Gesetze für alle zu machen. Denn wenn die „Kinder“ Unsinn anstellen, dann landen diese Fälle immer öfter vor Gericht weil sie emotional aufgeladen sind. Aus Ungleichheit entsteht viel Emotion, meist keine gute. Er wird den neuen Hundehaltern beibringen müssen, dass Hunde Erziehung brauchen und er sollte ihnen einen Stubbs geben darüber nachzudenken, dass ein Hund ein Hund ist und kein Mensch auf vier Pfoten. Vermutlich wird er sich um die Anschaffung der Hunde kümmern müssen. Heute ist ein Hund oft nur einen Mausklick von seinem neuen Besitzer entfernt, dabei will eine Anschaffung für die nächsten 15 Jahre wohl überlegt sein. Regeln sind wichtig in einer Welt in der immer mehr bedeutende Hunde leben aber es müssen die richtigen Regeln sein.

Rasselisten lösen nichts aber schaffen neue Probleme

Das Problem an Listen ist, dass der Gesetzgeber damit jene, die er eigentlich reglementieren will, nicht erreicht. Sieht man sich die vorangegangenen Bissvorfälle genauer an und liest die vorhandenen Statistiken, erkennt man schnell, die angepassten Hundehalter machen selten Probleme. Wenn es Ärger gibt, sind meist Menschen daran beteiligt, die ihre Verantwortung als Hundehalter nicht wahrnehmen. Einer der Hauptfaktoren bei jedem Hundebiss ist der Mensch. Er führt den Hund und seine Fehler führen zu den Situationen die unglücklich enden. Gesetzlich verordnete Ungleichheit führt dazu, dass Menschen sich vom Gesetz abwenden. Bei Ungerechtigkeit reagieren Hunde, Kinder und Erwachsene gleich, sie verlieren das Vertrauen und gehen in Opposition.

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